Wie sollte ich mit einem Verdacht umgehen?

Was sollten Sie tun, wenn Sie sexualisierte Gewalt/ sexuelle Übergriffe vermuten?

  1. Ruhe bewahren, überhastetes Eingreifen schadet!
  2. Eine:n Kolleg:in oder andere Vertrauens­person (4-Augen-Prinzip) suchen, mit der Sie über die eigenen Unsicher­heiten sprechen können.
  3. Alles aufschreiben, was Ihnen an dem Kind oder dem/der Jugend­lichen auffällt, auch wenn Sie sich keinen Zusammen­hang mit möglicher sexualisierter Gewalt vorstellen können (Tagebuch über Verhaltens­weisen führen).
  4. Wenn möglich eine Beratungs­stelle hinzuziehen, um mehr Sicherheit zu gewinnen. Hier haben Sie als Person, die mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, rechtlichen Anspruch auf eine Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft (Gefährdungseinschätzung gem. §8a SGB VIII).
  5. Den Kontakt vorsichtig intensivieren, um eine positive Beziehung herzustellen.
  6. Das Kind oder den/die Jugendliche:n immer wieder ermutigen, über Probleme und Gefühle zu sprechen.
  7. In der Gruppe das Thema „angenehme und un­angenehme/komische/blöde Berührungen“ ansprechen.
  8. In der Gruppe (im Spiel, innerhalb einer Einheit über Kinderrechte bzw. deren Missachtung, i.e. Gewalt gegen Kinder, im Sport­unterricht etc.) (jedoch keinesfalls innerhalb der Sexual­aufklärung) das Recht der sexuellen Selbst­bestimmung, sexuelle Übergriffe und das Thema „sexualisierte Gewalt“ vorsichtig ansprechen und damit signalisieren: „Ich weiß, dass es sexualisierte Gewalt gibt. Man kann mit mir darüber reden; ich glaube Betroffenen.“
  9. In der Gruppe den ange­messenen Umgang mit Rede­verboten oder Schweige­versprechen erarbeiten. Bei kleineren Kindern unter dem Stichwort „gute und schlechte Geheimnisse“: gute Geheimnisse machen Spaß, schlechte machen schlechte Gefühle und schlechte Empfindungen (z.B. Bauch­schmerzen). Vermitteln Sie, dass es besser ist, über schlechte Geheimnisse zu sprechen als einem Redeverbot oder Schweigever­sprechen Folge zu leisten.
  10. Wenn möglich, Kontakt zu Personensorge­berechtigten oder Bezugsperson des/der Betroffenen intensivieren, um die Belastbarkeit dieser besser einschätzen zu können (z.B. Zusammen­arbeit bei der Vorbereitung von Gruppen- oder Klassenfeiern, Gespräche am Eltern­sprechtag).
  11. Kontakt zum Jugendamt aufnehmen (ggf. ohne Namens­nennung).
  12. Helfer:innen­konferenz anstreben, damit alle, die die Familie kennen, gemeinsam eine Strategie besprechen können.
  13. Eine Familie mit der sexualisierten Gewalt möglichst nicht übereilt konfrontieren, ehe eine räumliche Trennung von Betroffenen und Täter:innen vorbereitet und möglich ist.
  14. Eine eventuelle Anzeige mit einer Anwältin/einem Anwalt zuvor durch­sprechen und gut vorbereiten. Niemand ist zur Anzeige verpflichtet!

Falls Sie Kindern oder Jugendlichen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben, helfen wollen, ist es wichtig zu wissen, dass es keine generelle Anzeigepflicht gibt. Dies gilt auch für Personen in sozialen, pädagogischen oder therapeutischen Berufen, die im Beruf von sexualisierter Gewalt erfahren. Bitte überlassen Sie diese Entscheidung möglichst den Betroffenen.

Verhalten als Vertrauensperson

Wie sollten Sie sich verhalten, wenn ein betroffenes Mädchen oder ein betroffener Junge sich Ihnen anvertraut?

Einige Tipps für den Umgang mit Betroffenen

Es kann eine echte Herausforderung sein, wenn eine Person aus Ihrem Umfeld Ihnen anvertraut, sexualisierte Gewalt zu erleben oder erlebt zu haben.